Diese Faktenbox soll Ihnen helfen, Nutzen und Nebenwirkung einer HPV-Impfung zur Vorbeugung von Zellveränderungen und Gebärmutterhalskrebs-Vorstufen abzuwägen. Die Informationen und Zahlen stellen keine endgültige Bewertung dar. Sie basieren auf den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die Faktenbox wurde vom Harding-Zentrum für Risikokompetenz erstellt.
Gebärmutterhalskrebs ist der Name für eine Ansammlung krankhaft veränderter Zellen am unteren Teil der Gebärmutter, die sich unkontrolliert teilen, sogenannte Tumore. Meist entwickeln sie sich am Muttermund, der kleinen Öffnung am schmalen unteren Teil der Gebärmutter (Gebärmutterhals), der in die Scheide reicht [2].
2014 erkrankten in Deutschland etwa 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Jährlich sterben ungefähr 1.500 Frauen an dieser Krebsart [3].
Sehr häufig wird die Erkrankung durch lang zurückliegende Infektionen mit Viren verursacht, die sogenannten Humanen Papillomviren (HPV). Sie befallen Haut- und Schleimhautzellen und werden beim Geschlechtsverkehr oder durch intimen Hautkontakt übertragen. Eine Ansteckung über Körperflüssigkeiten wie Sperma, Blut oder Speichel gilt als unwahrscheinlich. Schätzungen zufolge infizieren sich etwa 90% der sexuell aktiven Mädchen und Frauen irgendwann im Laufe ihres Lebens mit diesen Viren, viele im Alter zwischen 20 und 30. Männer können sich ebenfalls mit HPV anstecken und diese übertragen [2].
Es gibt mehr als 200 verschiedene Typen von HPV. Durch etwa 40 HPV-Typen können Infektionen an Haut- und Schleimhautzellen entstehen [2]. Die Infektion mit den Niedrigrisikotypen HPV-6 und HPV-11 kann zum Beispiel gutartige Hautwucherungen (Feigwarzen) in der Scheide, an den Schamlippen, im Damm- oder Afterbereich oder beim Mann zusätzlich an Penis und Hodensack verursachen. Bei HPV-16 und HPV-18 handelt es sich hingegen um sogenannte Hochrisikotypen, die bei ca. 7 von 10 Frauen mit Gebärmutterhalskrebs entdeckt werden [5].
Die Ansteckung mit den Virustypen 16 und 18 bleibt in der Regel unbemerkt. Vorübergehend kann es zu Gewebeveränderungen (Dysplasien) in der Schleimhaut des Muttermunds kommen. Häufig verschwinden diese von selbst wieder. Manchmal setzen sich bestimmte HPV-Typen aber für mehrere Jahre oder Jahrzehnte in der Schleimhaut fest. Dann kann sich langsam zuerst eine Zellveränderung und schließlich ein Gebärmutterhalskrebs entwickeln [2].
Die Zellveränderungen können nach bestimmten Kriterien klassifiziert werden. Diese lassen sich nach einer Gewebeprobe (Biopsie) feststellen. Die CIN-Stufe (zervikale intraepitheliale Neoplasie) gibt an, inwieweit die Zellveränderungen fortgeschritten sind. CIN1 ist eine leichtere Form der Zellveränderung, CIN2 eine mittelschwere Form der Zellveränderung. Bei CIN 3 ist die Zellveränderung so weit fortgeschritten, dass die Veränderung als Übergang zum Krebs beschrieben werden kann (Krebsvorstufe). In diesem Stadium ist der Tumor noch auf die oberen Gewebsschichten begrenzt, was man auch Carcinoma in situ (CIS) nennt und noch als Frühstadium gilt [4].
Hat sich der Tumor bereits über die oberste Zellschicht der Schleimhaut hinaus in das umliegende Gewebe ausgebreitet, spricht man vom invasiven Gebärmutterhalskrebs [2].
Gebärmutterhalskrebs kann auch aus veränderten Drüsenzellen entstehen. Diese Zellveränderung bezeichnet man als Adenokarzinom. Die Vorstufe des Adenokarzinoms nennt man Adenocarcinoma in situ (AIS).
Die höchsten Erkrankungsraten weisen derzeit 35- bis unter 60-jährige Frauen auf [3].
Die HPV-Impfung soll die Entstehung von HPV-Infektionen, die zu verschiedenen Erkrankungen wie Feigwarzen und Gebärmutterhalskrebs führen können, verhindern.
Der Impfstoff kann keine Infektion auslösen, er führt zu einer Abwehrreaktion des Immunsystems, wodurch schützende Antikörper gebildet werden. Normalerweise besteht die Impfung aus zwei Spritzen in einem Abstand von fünf Monaten. Seit August 2017 sind zwei Impfstoffe, Cervarix® und Gardasil 9®, auf dem deutschen Markt. Cervarix® wirkt ausschließlich gegen HPV-16 und -18. Gardasil 9® schützt vor insgesamt 9 HP-Viren (HPV-6, -11, -16, -18, -31, -33, -45, -52, -58).
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, vorrangig Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren gegen HPV zu impfen. Bis zum Alter von 17 Jahren werden auch die Kosten einer versäumten Impfung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen [3].
Die Impfung wirkt nicht gegen schon bestehende HPV-Infektionen. Deshalb sollte die Impfung bestenfalls vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein [2].
Die HPV-Impfung kann auch Jungen und Männer vor einer HPV-Infektion schützen. Die STIKO empfiehlt, Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren zu impfen [6].
Wer sich sicher vor einer Ansteckung schützen wollte, müsste völlig enthaltsam leben oder einen Partner haben, die oder der ebenfalls keine anderen intimen Kontakte hat und hatte. Kondome können wirksam vor vielen Geschlechtskrankheiten schützen, aber nicht zuverlässig vor HPV, weil sie nicht alle Hautstellen im Genitalbereich abdecken, die befallen sein könnten [2].
Die meisten HPV-Infektionen heilen von selbst aus, indem das Immunsystem die HP-Viren beseitigt. Gelingt dies nicht, dauert die HPV-Infektion über einen längeren Zeitraum an. Bisher gibt es keine Behandlung, die HPV direkt bekämpfen kann.
Früherkennung
Das gesetzliche Früherkennungsprogramm bietet Frauen ab 20 Jahren die Möglichkeit eines jährlichen Zellabstrichs vom Gebärmutterhals (PAP-Abstrich). Ab dem Alter von 35 Jahren kann alle drei Jahre ein HPV-Test mit dem PAP-Abstrich im Rahmen des Früherkennungsprogramms kombiniert werden [3].

In der Faktenbox werden die Impfung mit einem Placebo (Scheinimpfung) und die HPV-Impfung hinsichtlich ihres Nutzens und ihrer Nebenwirkung miteinander verglichen.
Die Tabelle liest sich wie folgt:
Etwa 164 von je 10.000 Mädchen und Frauen hatten mit einer Scheinimpfung innerhalb von 44 Monaten eine mittelschwere Form der Zellveränderung (CIN2) entwickelt. Mit der HPV-Impfung hingegen haben 2 von je 10.000 Mädchen und Frauen innerhalb von 44 Monaten eine CIN2 entwickelt.
Die Zahlen in der Faktenbox sind gerundet. Sie basieren auf 26 Studien mit etwa 73.400 Teilnehmerinnen [1].
Der durch die Impfung erreichte Schutz vor einer HPV-Infektion sinkt mit steigender Anzahl von Sexualpartnerinnen und -partnern [1].
In Deutschland wurde im Jahr 2017 Gardasil® durch den seit 2014 zugelassenen Neunfachimpfstoff Gardasil 9® abgelöst. Das Robert-Koch-Institut stuft den neuen Impfstoff als ebenso sicher ein wie den alten [6] und schlussfolgert damit genauso wie internationale Erhebungen [7]. Bislang gibt es jedoch keine Studien, die Cervarix® und Gardasil 9® mit einer Scheinimpfung vergleichen.
Die Beweislage wurde von den Autoren der eingeschlossenen Übersichtsarbeit ermittelt. Nach deren Bewertung ist die Beweislage insgesamt von moderater bis hoher Qualität:
Die Ergebnisse zur Vorstufe des Adenokarzinoms (AIS) und den impfbedingten Nebenwirkungen an der Einstichstelle könnten durch weitere Forschung verändert werden (moderate Beweislage). Eine Änderung der Ergebnisse durch weitere Forschung zu den Krebsvorstufen CIN2, CIN3 und den beschriebenen schweren Nebenwirkungen (schwere Infektionen, Entzündungen und andere nicht tödliche Komplikationen) ist unwahrscheinlich (hohe Beweislage).
- Oktober 2019 (Update des Begleittextes, Update der Evidenz)
- Januar 2016 (Update der Evidenz)
- August 2015 (Erstellung)
Die Informationen für die Faktenbox wurden den folgenden Quellen entnommen:
[1] Arbyn M, Xu L, Simoens C, et al. Prophylactic vaccination against human papillomaviruses to prevent cervical cancer and its precursors. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018(5).doi:10.1002/14651858.CD009069.
[2] IQWiG. Gebärmutterhalskrebs 2018. Available at: https://www.gesundheitsinformation.de/gebaermutterhalskrebs.2109.de.html (31.05.2019).
[3] Robert-Koch-Institut. Krebs in Deutschland 2013/2014. 2017. Available at: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2017/krebs_in_deutschland_2017.pdf (31.05.2019).
[4] Deutsches Krebsforschungszentrum. Vorstufen des Gebärmutterhalskrebs 2018. Available at: https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/gebaermutterhalskrebs/vorstufen.php (31.05.2019).
[5] Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum 2018. Available at: www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/hpv2.php (11.09.2019).
[6] Robert-Koch-Institut. Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung der HPV-Impfung für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren, 2018. Epidemiologisches Bulletin Nr. 26.Berlin.
[7] Signorelli C, Odone A, Ciorba V,et al. Human papillomavirus 9-valent vaccine for cancer prevention: a systematic review of the available evidence. Epidemiol Infect. 2017, Jul; 145(10): 1962–1982. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5974698/
Eine Dokumentation zur Ermittlung der Zahlen in der Faktenbox ist auf Anfrage erhältlich.